Die diesjährige Jahrestagung der AGTS wird von 16. bis 18. September 2021 im Haus Klara Oberzell bei Würzburg stattfinden. Das Programm finden Sie hier.
„Im Garten der Kirche müssen die faulenden Pflanzen ausgerissen und durch frische, duftende Pflanzen ersetzt werden.“ So schreibt die junge Frau dem Papst, der dann tatsächlich aus dem fast 70-jährigen Exil aus Avignon endlich nach Rom heimkehrt. Heute Kirchenlehrerin und Patronin Europas, steht Katharina von Siena fremd und nah zugleich in der Geschichte leidenschaftlicher Gottesmystik und ständiger Kirchenreform(ation). Ihre Lebenszeit ist voller Umbrüche: große Pest, Machtkämpfe in der toskanischen Heimat und Aufbruch der Nationalstaaten, Krise des Papsttums erst in Avignon und dann im Abendländischen Schisma.
Mitten darin diese passionierte Frau, die erst spät lesen und schreiben lernt. Voll visionärer Gottesleidenschaft schließt sie sich früh der dominikanischen Bewegung an: aktiv in Gebet und Krankenpflege zuerst und dann herausgerufen in höchst politische Friedensarbeit. Rigoros im Umgang mit sich selbst und ihrem Körper, lebt sie zugleich aus innigster Christus- und Blutmystik. Kämpferisch bis zum Äußersten und stets den Aufruf zum neuen Kreuzzug im Blick, ist sie unermüdlich vermittelnd und friedenstiftend unterwegs. Schärfste Kritik an Amt und Klerus verbindet sich mit innigster Kirchenmystik – eine Extremistin von Gottes Gnaden in der Manier alttestamentlicher Prophetinnen und Propheten.
Gerade im historischen und hermeneutischen Abstand lassen sich in der Begegnung mit Katharina Grundfragen christlicher Spiritualität, Theologie und Kirchengestalt(ung) durchbuchstabieren – auf der Suche nach der mystisch-politischen Doppelstruktur des Christlichen in nachpatriarchaler Zeit. Nicht zuletzt gilt es, dem Verhältnis therapeutischer und spiritueller Heilungswege nachzuspüren und dem Zusammenspiel von Gesundheit, Krankheit und Heiligkeit.
Dr. Gotthard Fuchs, Wiesbaden, und Prof. Dr. Cornelius Roth, Fulda
Gäste sind herzlich willkommen!
Bild: Andrea Vanni, Fresko aus dem 14. Jh.